DeutschWissen und GesellschaftHuman Resources

COVID-19: Wie Hogrefe die digitale Fortbildung ausbaut

Zu Beginn der Covid-19-Pandemie wurden überall Präsenzseminare abgesagt. Der Hogrefe Verlag hat daraufhin sein Angebot an Online-Fortbildungen ausgebaut. Im Interview spricht Dr. Franziska Rosenthal, Leiterin der Abteilung Business Development, darüber, wie das lief und über Vor- sowie Nachteile von Online-Angeboten.

Frau mit Brille schaut auf einen Laptop und schreibt in ein Notizbuch.

Frau Dr. Rosenthal, am Hogrefe Standort Göttingen koordinieren Sie die Trainingsaktivitäten des Verlags. Wie sah die Arbeit Ihrer Abteilung vor der COVID-19-Pandemie aus?
Wir hatten 2-3 Trainingstage pro Woche, die wir zu 80 Prozent als Präsenzveranstaltungen durchgeführt haben. Die Trainings haben sowohl direkt bei uns in Göttingen als auch beim Kunden vor Ort stattgefunden. Darüber hinaus haben wir bereits vor COVID-19 schon viele Webinare online angeboten, um die hohe Reisetätigkeit für Kunden als auch uns zu minimieren. Mit COVID-19 hat sich die Situation insoweit verändert, dass wir nun mindestens die Hälfte unserer Trainings online durchführen.

Geplante Präsenzveranstaltungen auf Online-Schulungen umgestellt

Wielief diese Umstellung aufmehrOnline-Trainings ab?
Da wir bereits vor COVID-19 mit Online-Schulungen gearbeitet haben, konnten wir unser Trainingsprogramm schnell ausbauen und somit unseren Kunden auch unter den neuen, erschwerten Bedingungen Trainings anbieten. Nahezu alle geplanten Präsenzschulungen wurden auf Online-Schulungen umgestellt, was sehr gut angenommen wurde. Neben kurzen einstündigen Webinaren bieten wir auch mehrstündige, ganztätige und modulartige Online-Angebote an. Wir zeichnen dabei unsere Trainings mehrheitlich auf, sodass unsere Kunden noch flexibler auf das Training zurückgreifen können.

Ging das einfach so, oder gab es auch Schwierigkeiten dabei, das online Angebot zu erweitern?
Wir haben schnell feststellen müssen, dass wir nur ca. 50 Prozent unserer bestehenden Unterlagen eins zu eins für Online-Trainings übernehmen konnten. Das Online-Setting erfordert neue Wege für Gruppenarbeiten und interaktive Phasen sowie Fragerunden. Wir haben im Team erfreulicherweise viele kreative Köpfe, sodass wir viel in kurzer Zeit erproben konnten. So wurden beispielsweise Handouts digitalisiert oder Fragerunden durch eine weitere Person zu festgelegten Zeiten moderiert. Weiterhin haben wir viele Übungen zur Durchführung der Tests in Videos umgewandelt.

Keine Reisezeiten und -kosten erleichtern Teilnahme

Wie ist das angenommen worden?
Das Angebot wurde sehr gut angenommen. Die Mehrzahl unsere Kunden hat sich schnell an das neue Format gewöhnt und vor allem die weggefallenen Reisekosten sowie Reisezeiten positiv zurückgemeldet. Für viele Trainings konnten wir deutlich mehr Teilnehmer*innen als in Präsenzveranstaltungen verbuchen, da durch den Wegfall der Reisezeiten auch die Teilnahme aus dem deutschsprachigen Ausland oder aus entfernteren Regionen erleichtert wurde.

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen beim Durchführen von online Angeboten, die es offline so nicht gibt?
Zunächst ist es aus unserer Sicht sehr sinnvoll, dass neben dem Vortragenden auch eine weitere Person zur technischen Administration und Moderation der Fragen zur Verfügung steht. Dies bedeutet eine Verdopplung der Personalstruktur im Vergleich zur Präsenzveranstaltung. Weiterhin benötigen Fragerunden einen klaren Zeitrahmen, sodass das Training nicht zerstückelt wird. Vor dem Training müssen alle Informationen und Unterlagen für alle Teilnehmer*innen rechtzeitig vorbereitet und versendet oder digital aufbereitet werden, sodass diese während des Online-Trainings zur Verfügung stehen. Insgesamt ist die technische Administration rund um ein Webinar oftmals herausfordernd, da unsere Kunden unterschiedliche digitale Voraussetzungen haben und wir immer versuchen, eine adäquate Lösung für jeden zu finden. Hier stellte sich die Verfügbarkeit einer Aufzeichnung als gewinnbringende Lösung für technische Schwierigkeiten auf Seiten des Kunden dar.

Können Sie uns einen Überblick über Hogrefes Webinarangebot verschaffen, zu welchen Themen kann man sich fortbilden?
Für die Fachkräfte aus der Psychologie, Pädagogik und den Heilberufen bieten wir schwerpunktmäßig Webinare zu Intelligenz-, Entwicklungs- und Schulleistungstests an. Beispiele sind die SON-R Familie, IDS-2, BUEGA-II/BUEVA-III und die SET-Reihe.

Darüber hinaus schulen wir für Fachkräfte der Psychologie auch den SCID-5-CV und SCID-5-PD online. Für den HR-Markt bieten wir ebenfalls testspezifische Webinare beispielsweise zum LJI, NEO oder BIP-AM an.

Neben den testspezifischen Webinaren bieten wir auch immer mehr allgemeine und themenübergreifende Webinare rund um das Thema Diagnostik, Therapie und Beratung an. Beispiele hierfür sind Schulungen zur Diagnostik von Teilleistungsstörungen, testpsychologische Grundlagen oder der Therapie von Enkopresis.

Akkreditierte Webinare bringen Fortbildungspunkte

Bekommen Psychotherapeuten in Webinaren auch Fortbildungspunkte gutgeschrieben?
Ja, der Großteil unserer Webinare wird bei der Psychotherapeutenkammer in Niedersachsen akkreditiert. Wir bemühen uns, dass in der Zukunft alle für Psychotherapeuten relevanten Webinare akkreditiert sind.

Gibt es Situationen oder auch Themen, die sich besonders gut für Online-Seminare eignen? Und welche, die vielleicht auch nicht so gut passen?
Dies ist stark vom Thema abhängig. Schulungen zu Testverfahren eignen sich eher für Online-Seminare als das Kennenlernen von Therapiekonzepten. Es hängt dabei stark davon ab, wie viel Interaktion zwischen den Teilnehmer*innen für ein gutes Online-Training notwendig sind. Umso mehr Rollenspiele oder Gruppenarbeit von Nöten sind, desto herausfordernder wird es.

Auch nach Corona werden Onlineangebote wichtig bleiben

Sind denn die Präsenzschulungen mittlerweile zurück?
Ja, wir führen seit Ende Juni 2020 wieder Präsenzseminare unter einem strengen Hygienekonzept im eigenen Verlagshaus in Göttingen und in Hotels in anderen Städten (wie z.B. Dortmund) durch. Die Hälfte unserer Trainings sind aber weiterhin reine Online-Veranstaltungen.

Die Online-Wissensvermittlung hat durch die Pandemie ganz klar einen neuen Stellenwert bekommen? Glauben Sie, dass davon auch nach COVID-19 etwas bleiben wird? Absolut, wir werden zukünftig ein Mischmodell aus Online- und Präsenzveranstaltungen anbieten, sodass wir mit oder ohne COVID-19 unseren Kunden vielfältige Trainingsangebote anbieten können.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Rosenthal!